Wer in Sri Lanka was sehen möchte, der muss weite Strecken zurücklegen, ob er will oder nicht. Wer aber mit dem Zug reist, für den ist der Weg bereits das Ziel. Mein absolutes Sri Lanka-Highlight!
Eigentlich hätte unser Eisenbahnabenteuer bereits am Bahnhof in Kandy enden können. Wie zwei Kinder an ihrem ersten Wandertag trabten wir hinter unserem Fahrer Nihal her durch das Gewirr am Bahnhof. Er hatte unsere Fahrkarten und der Plan war, dass er uns – vollkommen narrensicher – an unserem Gleis abstellen und uns dann in Hatton wieder mit dem Auto abholen sollte.
Unser Grinsegesicht fiel jedoch ziemlich schnell in sich zusammen, als der freundliche Herr, der an den Gleisen die Fahrkarten kontrollierte, den Weg einfach nicht frei machen wollte. Es zeigte sich, dass wir falsche Fahrkarten gekauft hatten – von Hatton nach Kandy und nicht von Kandy nach Hatton. Die Bestürzung war groß.
Die Uhr tickte munter weiter und ich sah uns bereits unseren Zug verpassen. Die Tatsache, dass Nihal weiterhin sichtlich die Ruhe weg hatte, beruhigte mich kaum. Ich war misstrauisch, ob ihm klar war, wie unbedingt ich diese Zugfahrt machen wollte. Letztlich bog er kurz mit dem Gleis-Bewacher um die Ecke und kehrte zehn Minuten später mit den richtigen Fahrkarten zurück. Ich weiß bis heute nicht, welche Magic dort gehappened ist – wir mussten nicht einen Cent bezahlen. Vielleicht will ich es auch nicht wissen.
Es zeigte sich auch, dass wir keineswegs zu spät dran waren. Obwohl die offizielle Abfahrtszeit längst verstrichen war, war unser Zug noch nicht einmal eingefahren. Noch genug Zeit noch einmal kurz die Bahnhofstoilette aufzusuchen und eine kalte Cola zu kaufen. Puh. Auch wenn unser Ausflug auf den Löwenfelsen in Sigiriya ziemlich fordernd gewesen war, hätte ich keine große Lust gehabt, die ganze Strecke vom Rücksitz von Nihals Auto aus zu sehen …
Wir hatten fest auf zweite Klasse-Tickets bestanden. Ich hatte schon Horrorstories vom Erste-Klasse-Wagen gehört, wo es zwar eine Klimaanlage gibt, Touristen aber hinter nicht zu öffnenden Fenstern durch milchige Scheiben gucken müssen. Letztendlich drückte uns Nihal jedoch dritte Klasse-Tickets in die Hand. Was eigenartig war, denn das waren genau die Plätze, die wir eigentlich haben wollten. Schön Oldschool:
Klimaanlage gab es trotzdem, wenn man so will. Ab und zu pusteten einem die Deckenventilatoren stickige Luft ins Gesicht. Aber das war sowieso unerheblich. Denn ich wollte ohnehin hauptsächlich durchs Fenster gucken, das sich mit ein bisschen Gewalt auch tatsächlich öffnen ließ.
Nachdem eine weitere kleine Ewigkeit ins Land gegangen und sich unser Abteil gefüllt hatte, erwachte die alte Diesellok knatternd zum Leben.
Während wir die Schienen entlang aus dem Bahnhof hinauspolterten, fiel Fabian auf, dass sich das „nicht so gesund“ anhöre. Er ist ja „vom Fach“. Er wies mich auf ein bestimmtes Geklacker innerhalb der ganzen Schepper-Kakophonie hin und meinte „also in Deutschland würde das nicht gehen“. Aber dass er dabei lächelte und seine Augen ein bisschen leuchteten, sorgte immerhin dafür, dass ich mich nicht in akuter Lebensgefahr wähnte. Vielmehr als das Scheppern der Bahn nervte mich ohnehin das Geräusch, das unsere spanische Sitz-Gegenüber-Nachbarin verbreitete: Mit weit offenem Mund sichtbar Kaugummi kauen.
Zum Glück dauerte es gar nicht lang, bis die Landschaft um uns herum so einiges hergab. Endlich ganz viel Grün!
Ich hatte es ja ursprünglich auf den Platz an der offenen Tür abgesehen. Das ist nämlich der Clou an Zugfahrten auf Sri Lanka: Die machen die Türen nicht zu. Und da die Züge auf Sri Lanka noch recht gemächlich fahren im Gegensatz zu dem, was wir hier so gewohnt sind, kann man sich dort hinsetzen, die Beine aus dem Zug hängen lassen und die atemberaubend schöne Umgebung toll auf sich wirken lassen.
In unserem Fall war der Platz nur leider sehr lange okkupiert von zwei jungen Menschen mit zwei Selfie-Sticks. Die hatten das mit den offenen Türen auch schon gehört und sich direkt dort postiert, anstatt so wie wir erst mal ne Weile auf den angestammten Plätzen den Schein zu wahren.
Letztendlich löste ich das, wie wir Europäer sowas oft lösen: Ich stellte mich einfach in die Schlange. Die es eigentlich nicht gab. Aber ich stand da und machte einen ungeduldigen und wartenden Eindruck und irgendwann ließen mich die beiden auch mal sitzen. Yeah!
Das Gefühl war unbeschreiblich. Unter mir klapperte und schepperte die Bahn, die einen richtigen „maschinenartigen“ Geruch ausdünstete, ein bisschen so wie „früher“. Um meine Beine und meine Nase wehte der Fahrtwind und ab und zu streiften irgendwelche Zweige oder Grashalme meine Füße. Und dazu dieser Ausblick:
Es ist eine ziemliche Challenge, in voller Fahrt ein gutes Bild zu erwischen. Und letztendlich will und sollte man den Ausblick ja auch nicht ausschließlich durch den Sucher der Kamera genießen. Aber das ist natürlich alles Jammern auf Höchstniveau.
Herzenstipp: Den besten Ausblick hatten im übrigen die, die in Fahrtrichtung rechts saßen.
Vielleicht lag es an mir, die ich inzwischen so glücklich war mit mir und der Welt. Vielleicht war es aber auch wirklich so: Ich hatte den Eindruck, dass sich eine sehr ausgelassene, positive Stimmung durch die Waggons ausbreitete. Der Blick nach vorne zeigte auf jeden Fall noch einige andere, die wie ich an den offenen Türen saßen, begeistert Fotos machten und sich offensichtlich einfach freuten, da zu sein.
Neben der Landschaft gab es auch noch andere Dinge zu erleben. Ab und zu rauschte ein anderer Zug an uns vorbei oder kam neben uns zum Stehen. Eine gute Gelegenheit ein Lächeln auszutauschen. Oder auch nicht.
Ab und zu passierten wir einen Bahnhof, wo einem fliegende Händler allerhand Köstlichkeiten unter die Nase hielten und zu einem wirklich megagünstigen Preis verkauften. Wir langten kräftig zu. Kauften ein Päckchen Guaven-Schnitze und eine Tüte Wadis.
Wadis sind das wohl fettigste original-singhalesische Fastfood, das ihr auf Sri Lanka essen könnt. Sie sind herzhaft, paniert und frittiert und haben ein bisschen was von Rösti. Unser Magen-Darm-Trakt hat auf jeden Fall problemlos mitgemacht, sogar bei den Früchten. Obwohl da natürlich immer Vorsicht geboten ist. Leider haben wir bei einem Händler mit einem köstlich aussehenden Kichererbsen-Gericht zu lange gezögert. Das hätte ich auch gerne noch probiert.
Nach drei kurzweiligen, lauten aber auch leckeren Stunden Zugfahrt kamen wir an unserer final Destination an: Hatton. Oder anders gesagt: Im Paradies.
Im Hochland floriert Sri Lankas Teeproduktion. Alles ist herrlich Grün in den unterschiedlichsten Schattierungen. Und als kleines i-Tüpfelchen gibt es hier und da noch so richtig-schön-kitschige Wasserfälle. Ich kann mich nicht erinnern, wann mir das letzte Mal eine Landschaft so sehr gefallen hat.
Natürlich ist der Einfluss der Engländer noch hier und da deutlich zu sehen.
Diese aufgeräumten Häuschen hier und da wirken gleichzeitig kurios und exotisch.
Aber deutlich schöner und erhebender sind trotzdem die Ausblicke, die man in unseren Breiten nicht wirklich hat.
Während wir debil grinsend unsere Blicke über die Landschaft schweifen ließen, mussten andere gleichzeitig jedoch mächtig schuften. Die Arbeiter auf den Teeplantagen arbeiten fast rund um die Uhr, Woche für Woche. Nihal erzählte uns, eine Teepflückerin erntet rund 20 Kilogramm Tee pro Tag. Und ist ein Feld abgeerntet, dauert es auch nicht lang, bis der Tee wieder nachgewachsen ist und die Pflückerei von vorne losgehen kann.
So schön die Landschaft im Hochland Sri Lankas auch ist – es ist ein hartes Leben für diejenigen, die hier Tag für Tag arbeiten.
Eine andere Möglichkeit, sich hier den Lebensunterhalt zu sichern, ist, ein Restaurant zu betreiben oder Touren für Wildwasser-Rafting anzubieten.
Uns knurrte jedenfalls schon wieder der Magen. Man gewöhnt sich ja leider viel zu schnell an regelmäßigen Essensnachschub. Und auf Sri Lanka – unserem persönlichen Schlaraffenland aufgrund der scharfen Küche – ließen wir ohnehin nicht gern eine Mahlzeit aus. Wir mussten noch eine kleine Weile im Auto sitzen, aber Nihal wollte uns etwas besonderes zeigen: Das Treehouse. Dort gab es zum Essen gleich noch die wunderbare Aussicht obendrauf.
Was wir essen wollten, wussten wir schnell: Curry mit Reis – natürlich. Mit „Curry“ ist auf Sri Lanka nämlich nicht das Gewürz gemeint, sondern das Gericht. Wer „Curry with Rice“ bestellt, muss sich auf Sri Lanka darauf einstellen, dass in Nullkommanix der ganze Tisch voller Essen steht. Für in der Regel ziemlich kleines Geld gibt es eine Auswahl verschiedener vegetarischer und nicht-vegetarischer Currys, mindestens zwei Sorten Reis, in der Regel „Papadam“ – eine Art Chips – sowie verschiedene Sambals, also Gewürzpasten. Immer dabei war Coconut Sambal – richtig scharf gewürzte Kokosflocken.
Falls ihr euch noch ein bisschen den Mund wässrig machen wollt – bei „kleinerelefant“ gibts einen tollen, ausführlichen Artikel über alles, was man in Sri Lanka so schnabulieren kann.
Satt und zufrieden gab es nur ein Urteil über unser Sri-Lanka-Zug-Abenteuer: Beide Daumen hoch! Für mich war dieser Tag das absolute Highlight unserer Reise.
Ein paar weitere Herzens- und Schmerzenstipps rund um Sri Lanka hab ich euch hier zusammengeschrieben.
Wart ihr schon einmal auf Sri Lanka? Was war euer Highlight?
Ach wie schön! Ich freue mich schon so auf unsere Rundreise nach Sri Lanka! Eine Frage habe ich zu Fahrern und Zugticket? Meinst du man kann sich ein Ticket von Kandy nach Ella schon vor der Reise besorgen? – Um Stress zu sparen?
Und wie kommt man vor Ort an einen guten Fahrer? Habt ihr das alles vom Hotel aus organisiert?
Vielen lieben Dank vorab!
Athene
Hey Athene!
Beneidenswert, dass ihr das alles noch vor euch habt! 🙂 Das wird sicher toll. Wir waren relativ knapp und haben daher die „Rundum-Sorglos-Variante“ gewählt und unsere Touren von Deutschland aus gebucht (Julia Weller Tours übrigens). Die Zugtickets wurden für uns bereits besorgt, Fahrer wurde gestellt, Hotels wurden gebucht … alles top. Nur sehr teuer. Einen Fahrer zu finden, ist auf Sri Lanka eigentlich nicht schwer. Man muss nur ein paar Schritte laufen und hat bereits zig Angebote an der Hand. Wir haben auch mit einigen Leuten gesprochen, die die einheimischen Fahrer und deren Touren uneingeschränkt empfehlen konnten und total begeistert waren. Wir hätten unsere komplette Drei-Tages-Tour auch vor Ort vom Hotel aus genau so in Nullkommanix bei den einheimischen Fahrern buchen können. Ich selbst hatte leider keine Möglichkeit gefunden, nur die Zugtickets bereits vor der Reise zu besorgen, daher bin ich nicht sicher, ob das geht. Über ne Agentur bestimmt, aber das ist wirklich sehr teuer. Wir würden das jedenfalls wohl nicht nochmal so machen, sondern in Kandy die Tickets direkt am Bahnhof kaufen. Das geht da sicher auch, wenn ihr die Fahrt noch nicht direkt antreten wollt. Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen helfen :’D.
Liebe Grüße
Christina