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#ehefüralle: 7 Gründe, warum die Ehe für alle das einzig Richtige ist – und warum wir jetzt genug darüber geredet haben

Ich werde in dem Jahr heiraten, in dem die Ehe für alle kam. So werde ich es mal meinen Enkeln erzählen. Denn neben all der political Madness und dem Terror in der Welt ist damit nun doch noch etwas Gutes geschehen dieses Jahr. Ein paar Gedanken dazu im Überschwang der Gefühle.

Die Ehe für alle ist durch! Heute am 30. Juni 2017 hat der Bundestag den Beschluss gefasst. Ob es nun ein wahlkampftaktischer Coup, Zufall oder gar ein politisches „Missgeschick“ war ist vollkommen egal. Es ist endlich soweit! Und es war längst überfällig. Ab jetzt darf jeder jeden oder jede heiraten. Jeder, der jemanden liebt, darf diesen jetzt ganz legal und ganz offiziell auch ehelichen. Aus Gründen!

 

1. Es ist genug Ehe für alle da

Zum Glück gibt es keine festgelegte Anzahl an Ehen, die pro Jahr oder pro Monat geschlossen werden dürfen. Das heißt, keine heiratswilligen homosexuellen Paare werden heterosexuellen Paaren irgendetwas wegnehmen, sie um ihre Hochzeit bringen oder ähnliches. Ehe ist kein rares Gut, sie geht niemals aus. Es werden keine Ehe-Konzerttickets in einem Online-Shop verkauft. Ehe ist nicht wie der Geburtstagskuchen im Büro, von dem die Hälfte nichts mehr abbekommt. Niemand verliert etwas. Aber alle gewinnen.

2. Die Floskel „die Ehe steht unter besonderem Schutz“ im Grundgesetz bezieht sich NICHT auf die Ehe zwischen Frau und Mann

Artikel 6 des Grundgesetztes besagt: „Ehe und Familie stehen unter besonderem Schutze der staatlichen Ordnung“. Das ist knapp gehalten – und zwar mit recht. Denn auch wenn viele Ehe-für-Alle-Gegner diesen Satz so auslegen wollen, als ob dieser besage, dass die Ehe ausschließlich zwischen Mann und Frau unter besonderem Schutze stehe, so ist es doch nicht so. Und das mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit aus gutem Grund. Der Passus wurde 1949 in die Verfassung aufgenommen – zu einem Zeitpunkt, in dem die Ehe auch für homosexuelle Paare schlichtweg einfach den Vorstellungshorizont der Beteiligten überstiegen haben dürfte. Viel eher liegt die Vermutung nahe, dass die Ehe im Gegensatz zur „wilden Ehe“ – also Kinder kriegen und nicht verheiratet sein – für schützenswert gehalten wurde und es ursprünglich eben genau darum ging und um nichts anderes (und auch dieser Ansatz wäre heute überdenkenswert). Dr. Mathias Hong erklärt die Sache in seinem Blog genauer. Bitte lesen – and spread the word!

3. Liebe Gläubigen: Fürchtet euch nicht!

Ich bin der festen Überzeugung: Wenn es einen Gott gibt (und dieser barmherzig ist und alles), dann ist er damit zufrieden, wenn Menschen ein gutes Herz und ehrliche Absichten haben. Wenn sie lieben. Und das schließt alle Menschen ein, egal welche Hautfarbe sie haben, aus welchem Land sie kommen, welche Religion sie haben (ja ha!), welches Geschlecht sie haben und egal, wen sie lieben. „Liebet einander so wie ich euch geliebt habe“, soll doch Jesus gesagt haben. Nicht Gott will die gleichgeschlechtliche Ehe nicht, sondern die Kirche. Ein feiner Unterschied. Besinnt euch doch einfach auf das Gebot der Nächstenliebe, liebe Gläubigen aller Couleur. Damit hat man genug zu tun.

4. Homosexualität IST natürlich

„Homosexualität ist wider die Natur“ – höre ich die ewig Gestrigen von ihrem Stammtisch herüberunken. Erfrischenderweise ist es jedoch so: Homosexualität ist absolut natürlich. Es hat sie schon immer gegeben, sie ist keine Modeerscheinung und auch nicht von Menschen gemacht. Es gibt sie auch unter Tieren. Sie gehört zur Natur wie Monogamie und Polygamie und all die anderen vielen Formen, in denen Lebewesen miteinander leben. Und nochmal an die Gläubigen: Wenn ihr behauptet, Gott habe das nicht so gewollt – warum hat er die Natur denn dann so erschaffen? Ist ihm da ein Fehler unterlaufen? Kann Gott Fehler machen? Ist er dann ein Gott? (Fragen über Fragen.)

5. Dieses Signal ist wichtig für die Welt

Egal wie man nun explizit zur Ehe für alle stehen mag – das Signal, dass dieser Beschluss sendet, ist absolut notwendig. Unsere Welt befindet sich gerade auf dem Rückmarsch in Sachen Freiheit, Selbstbestimmung und nicht zuletzt Fortschritt. In den USA würden die reichen weißen Männer die Frauen gerne wieder hinter den heimischen Herden sehen. In der Türkei sollen die Frauen bitte nicht mehr so laut lachen (und vielleicht demnächst auch wieder ein paar ihrer Rechte abtreten), die AFD würde am liebsten wieder die große Rolle rückwärts hin zur bürgerlichen Kernfamilie mit Brötchenverdiener-Vater und Hausfrau-Mutter und drei Kindern machen. Worte wie „Volk“ und „Nationalstolz“, „Vaterland“ (da haben wir’s ja schon, warum eigentlich nicht „Mutterland“, hä?) werden hochstilisiert und überbewertet, auf Wahlplakaten steht „Holt euch euer Land zurück“, man ist misstrauisch gegenüber anderen, würde „Ausländer“ am liebsten rauswerfen etc. Die Ehe für alle ist ein Signal wie ein Leuchtfeuer und sie wird getragen von einer Mehrheit im – ja genau – im Volk. Und das nicht nur in Deutschland. Nein wir wollen nicht an den Herd (zumindest nicht alle). Wir wollen heiraten, wen wir wollen!

6. Es geht nicht darum, die Ehe zu feiern. Sondern die Gleichheit.

Nicht jeder muss die Ehe mögen. Man kann sie für ein überkommenes Relikt halten, für konservativ, für antiquiert, für nicht mehr zeitgemäß. Es gibt sicherlich auch Homosexuelle, die mit dem Konzept der Ehe nichts anfangen können, ebenso wie es heterosexuelle Paare gibt, die nicht heiraten wollen. Der entscheidende Unterschied ist: Es hängt nicht mehr von der Sexualität ab, ob jemand eine Ehe eingeht und eingehen darf oder nicht. Auch Homosexuelle haben ein Recht darauf so spießig und konservativ zu sein wie sie nur wollen. Es geht nicht um die Ehe. Aber um das „für Alle“.

7. Und deswegen sollten wir nie wieder über die Ehe für alle reden müssen:

Heute werden wir feiern, heute jubeln wir, heute – von mir aus – posten wir Regenbogenflaggen auf Facebook. Aber morgen, morgen sollten wir das nicht mehr tun. Nicht mehr tun müssen. Ich habe die große Hoffnung, dass ich meine Kinder, sollte ich jemals welche bekommen, so erziehen kann, dass sie überhaupt nichts außergewöhnlich daran finden, wenn sie zwei Frauen oder zwei Männer sehen, die sich küssen. Ich habe den Traum, dass wir irgendwann in einer Welt leben, in der niemand mehr Anstoß daran nimmt, wer wen liebt. Liebe ist Liebe. Ich verstehe jetzt schon nicht, warum darüber diskutiert werden musste und muss. Es wird Zeit, dass diese Gesellschaft und diese Welt zu einer neuen Normalität findet, in der es Privatsache ist, wen man liebt und wir alle – vor dem Gesetz und auch sonst wo – wirklich, wirklich gleich sind.

In diesem Sinne: #liebdochwenduwillst

 

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